Und morgen wird auf jeden Fall ausgemistet.

Und morgen wird auf jeden Fall ausgemistet.

Wie in Zeitlupe gehe ich durch jedes Zimmer im Erdgeschoss und merke dabei gar nicht, dass ich nur noch flach atmen kann. Ich schiebe die Vorhänge zur Seite, um mehr Licht hereinzulassen. Der dunkle Winter fühlt sich schwer an. Mein Akku scheint mir zu leer zu sein, um so wichtige Entscheidungen zu treffen. „Wo fange ich nur an?“, wage ich einen Versuch. Die Kartons schweigen. Meine Augen wandern über die vielen Dinge, die länger nicht mehr in Verwendung waren. Bücher stapeln sich auf dem Boden. Früher waren wir doch beste Freunde. Und heute? Es fällt mir schwer, sie wegzugeben, gleichzeitig brauche ich sie nicht mehr. Einige Kisten mit Kinderkleidung und aussortiertem Geschirr stehen daneben. Das ist aber noch lange nicht alles. Unser Abstellraum wurde seit längerer Zeit wirklich nur zum Abstellen benutzt. Ich rede von Dingen, die keinen festen Platz im Haus haben und auch sonst eigentlich nicht benötigt werden.

Ich wünsche mir einen Zauberstab, der mindestens genauso funktioniert wie diese Videos auf YouTube. In nur wenigen Minuten erstrahlen, die bis zur Decke zugemüllten Zimmer, im neuen Glanz. So schlimm ist es hier zum Glück nicht, aber von wenigen Minuten kann keine Rede sein. Ich müsste mindestens 100 Entscheidungen treffen, um mehr Klarheit zu schaffen.

Nein, heute nicht, sagt die Vernunft. Du weißt, was du zu tun hast. Aber wirklich nicht heute. Ich erinnere mich an einen Abend, an dem ich mit dem Aussortieren begann. Das war keine gute Idee. Nach dieser Aktion fühlte ich mich völlig erschöpft und ausgepresst, ich kam nur schleppend voran und behielt mehr, als mir lieb war. „Entscheidungen kannst du am Morgen besser treffen“, sagt die Vernunft und ich nicke ihr zu. Wo sie recht hat, hat sie recht.

Und morgen wird auf jeden Fall ausgemistet. Lieber weniger, dafür richtig. Am Türgriff hängt ein Kleiderbügel, mit meiner Lieblingsbluse. Dachte ich zumindest. Nachdem ich sie nur ein einziges Mal angezogen habe, merkte ich, dass ich sie liebe, nur die Farbe nicht. Die Bluse kann nichts dafür, also lasse ich sie los. Morgen. Eins habe ich mir vorgenommen: Lieber langsamer, dafür nachhaltiger. Ich biete sie zum Verkauf an und erst dann wandert sie in die passende Kiste. Keine halben Sachen mehr.

Autorin: Lisa Marie Albrecht
Datum: 21.01.2024

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Künstliche Intelligenz kann nicht an Burnout erkranken. Wir, im Kampf gegen sie, schon. Manchmal sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ich will doch alles richtig machen. Dabei vergesse ich, an meine Bedürfnisse zu denken. Das Leben ist kein Wünsch-Dir-Was. Habe ich gehört. Diesen Moment mit meiner Familie werde ich bis zum letzten Tag in meinem Herzen tragen. Ich weiß noch nicht, wohin die Reise geht. Aber sie hat begonnen.