Ich fühlte mich schon immer anders, aber an diesem Tag ganz besonders.

Ich fühlte mich schon immer anders, aber an diesem Tag ganz besonders.

Ich laufe durch die Stadt und lasse meine Sinne fließen. Im Schaufenster sehe ich Sportartikel, schicke Leggings und Sport-BHs. Badeanzüge, die auf einem Ständer hängen, werden gerade von einer Verkäuferin mit Schwimmbrillen und Regenbogenflossen gekonnt in Szene gesetzt. Ein Stich durchzieht meine Magengegend und ich bleibe stehen. So viele Jahre ist es her, aber immer noch präsent: „Die Beine anwinkeln und dann strecken! Anwinkeln und wieder strecken“, predigte mein Schwimmlehrer mit seiner monotonen Stimme, während ich eine Ehrenrunde schwimmen musste und die Augen der Kinder auf mich gerichtet waren. Alle in meiner Klasse konnten schwimmen, nur ich nicht. Ich lernte es erst mit zwölf. Kichernd saßen die Jungs und auch einige der Mädchen am Beckenrand und beobachteten mich, wie ich nach Luft japste. In diesem Moment wollte ich mich am liebsten im Wasser auflösen. Ich fühlte mich schon immer anders, aber an diesem Tag ganz besonders.

Während ich weiter durch die Altstadt laufe, versuche ich meine Gedanken loszulassen. Ich bewundere die alten Häuser. Wie lange mag es wohl gedauert haben, solch filigrane Schnitzereien auf den Fassaden zu erschaffen? Ohne es zu wollen, ziehen sie musternde Blicke auf sich. Auch den einen oder anderen Passanten, der an mir vorbeiläuft, studiere ich unauffällig. Mein Blick fällt auf einen Mann mit langen weißen Haaren. Er balanciert eine dampfende Tasse, während er sich mit seinen Krücken langsam fortbewegt. Links vor mir sehe ich zwei Jugendliche, die sich lautstark unterhalten – leider verstehe ich ihre Muttersprache nicht. Ich bin so abgelenkt von dem Geschehen, dass ich beinahe mit einer alten Dame zusammenstoße. „Entschuldigen Sie bitte“, murmele ich schuldbewusst. Sie rückt ihre schrille Sonnenbrille zurecht und lächelt mich kurz an, bevor sich unsere Wege wieder trennen.

Wie anders wir doch alle sind, geht es mir durch den Kopf. Ich entdecke eine junge Frau mit dunklem Haar und energischem Schritt. Erschrocken hält sie an und wühlt in ihrer Tasche. Während ich sie beobachte, muss ich etwas grinsen. Vielleicht beeilt sie sich, um nicht zu spät zu ihrem Schwimmkurs zu kommen und kontrolliert noch einmal vor Aufregung, ob sie den Badeanzug auch wirklich eingepackt hat. Ich stelle mir vor, wie ihr Schwimmlehrer mit seiner monotonen Stimme die Beintechnik erklärt, während sie nach Luft japsend zum Beckenrand schwimmt. Ich wünsche mir, dass die anderen dann begeistert applaudieren, wenn sie ihr Ziel erreicht. „Genug“, stoppe ich mein Gedankenkarussell und atme aus. Wahrscheinlich hat einfach nur ihr Handy geklingelt. Und dann verstehe ich endlich…

So unterschiedlich wir auch sind, so ähnlich sind wir uns alle. Die Unterschiede sind unsere gemeinsame Konstante. Das ist doch irgendwie beruhigend und wohltuend zugleich.

Autorin: Lisa Marie Albrecht
Datum: 03.03.2024

Verbinde dich mit mir.
Newsletter | Facebook | Instagram
Künstliche Intelligenz kann nicht an Burnout erkranken. Wir, im Kampf gegen sie, schon. Manchmal sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ich will doch alles richtig machen. Dabei vergesse ich, an meine Bedürfnisse zu denken. Das Leben ist kein Wünsch-Dir-Was. Habe ich gehört. Diesen Moment mit meiner Familie werde ich bis zum letzten Tag in meinem Herzen tragen. Ich weiß noch nicht, wohin die Reise geht. Aber sie hat begonnen.